Die geplante Premiere der Oper „Wozzeck“ von Alban Berg, mit der die Opernsaison hätte eröffnet werden sollen, wurde gestrichen – ein Rückschlag für den neuen Intendanten Nicola Colabianchi.
Etwa tausend Menschen versammelten sich auf dem Platz Campo Sant’Angelo, im Herzen der Stadt, nur wenige Schritte vom leeren Theater entfernt. Dort organisierten sie einen Flashmob, der Worte und Musik verband. Das Orchester spielte für die Anwesenden.
Protest startete mit Nationalhymne
Die Protestaktion begann mit der Aufführung der italienischen Nationalhymne durch das Orchester. Anschließend folgten Redebeiträge von Gewerkschaftsvertretern, unterbrochen von Musikstücken. Am Ende stimmten Chor und Orchester das „Va, pensiero“ aus Giuseppe Verdis „Nabucco“ an – als „Zeichen der Hoffnung“, wie die Orchestermitglieder sagten.
In den Reden wurde betont, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters nicht gegen Venezi richten, sondern gegen die Art und Weise, wie sie vom Intendanten Colabianchi und dem Präsidenten der Stiftung, dem Bürgermeister Venedigs Luigi Brugnaro, ohne Einbeziehung der Beschäftigten ernannt wurde.
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Das Orchester spielte vor rund tausend Menschen, die den Protest unterstützten
„Nicht zu Propagandabühne umfunktionieren“
Auch der Sprecher des Orchesters, Emiliano Esposito, forderte laut der Website Venezia Today, dass so eine zentrale Position nicht intransparent und ohne Diskussion besetzt werden könne. „Wir fordern, dass La Fenice nicht in eine Propagandabühne umfunktioniert wird, sondern ein Tempel der Musik bleibt“, so Esposito weiter.
Barbara di Valmarana, ehemalige Präsidentin des Vereins Freunde der Fenice, äußerte sich kritisch: „Wir haben den Bürgermeister noch nie im Theater gesehen.“ Der Staatssekretär für Kultur, Gianmarco Mazzi, stellte sich gegen den Streik. „Proteste und scharfer Tonfall erschweren den Dialog“, meinte er.
Beraterin Melonis laut Kritikern zu unerfahren
Die 35-jährige Venezi wurde kurz nach dem Amtsantritt von Premierministerin Meloni vor drei Jahren zur musikalischen Beraterin der Rechtsregierung ernannt und von der Ministerpräsidentin mehrfach gelobt. Zudem erhielt sie eine Auszeichnung von Melonis postfaschistischer Regierungspartei Fratelli d’Italia (FdI, dt.: Brüder Italiens).
Venezi hat zudem noch nie ein großes Opernhausorchester geleitet. Kritiker bemängeln, dass ihre Erfahrungen als Dirigentin zu gering für eine so bedeutende Position wie die der Musikdirektorin des Teatro La Fenice seien.
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Der festlich beleuchtete Eingang des berühmten Opernhauses
Ohne Abstimmung mit Betroffenen
Bemängelt wird außerdem, dass Venezis Ernennung ohne Rücksprache mit Orchester, Chor und Mitarbeitenden erfolgte und lediglich durch eine Pressemitteilung bekanntgegeben wurde. 300 Beschäftigte wehren sich gegen die Entscheidung.
Auf der Onlineplattform Change.org wurde eine Petition zur Rücknahme von Venezis Ernennung gestartet. Zu den Unterzeichnern zählen Orchestermusikerinnen und -musiker, Mitarbeitende des Theaters und Kulturschaffende. Gefordert wird ein „transparentes, leistungsbasiertes Auswahlverfahren, bei dem die künstlerische Gemeinschaft miteinbezogen wird“.
Die Forderung richtet sich unter anderen an Italiens Kulturminister Alessandro Giuli, den Bürgermeister von Venedig und Präsidenten der Stiftung des Fenice-Theaters, Brugnaro, sowie an den Intendanten des Opernhauses, Colabianchi.