Wir leben in einem Zeitalter der multiplen Krisen: Pandemie, Krieg, Inflation, Korruption, Klimawandel, Populismus, Migration, Kapitalismus, künstliche Intelligenz. Damit sind nur die großen Krisenherde benannt, die uns seit einigen Jahren beschäftigen, kleinere Krisen wie der Verfall des Gesundheitswesens, bröckelnde Brandmauern oder endlose Regierungsverhandlungen zählen wir dabei gar nicht mit. Und bei all dem war noch nicht von den vielen persönlichen Krisen die Rede, die einerseits als Folge der großen Krisen den Einzelnen treffen können, andererseits diesen auch nicht verschonten, wäre die Welt in Ordnung. Die Omnipräsenz der Krise, die zu einem Merkmal unseres Lebens geworden ist, stellt uns jedoch vor ein großes Problem: Die Krise ist die Unterbrechung des Alltags, nicht dessen Fortsetzung mit anderen Mitteln. Die Krise ist kein Dauerzustand. Wer das Gefühl hat, ständig mit und in Krisen zu leben, hat im strengen Sinn keine Krise. Es lohnt sich also, etwas schärfer über den Begriff der Krise nachzudenken.